Der Mitbewohner in Deinem Kopf

Er haust schon derart lange bei dir, dass du ihn nicht mehr bemerkst. Fatal, wie sich in vielen Fällen herausstellt, denn die meiste Zeit des Tages wütet er und verbreitet Chaos in einem System, das nach Ordnung lechzt, um voll zu funktionieren. Wie schafft er es nicht aufzufallen? Dieser Mitbewohner in deinem Kopf hat eine ausgeklügelte Masche: Er gibt sich als du aus. Doch wer ist diese innere Stimme wirklich?
Der Mitbewohner genießt besondere Rechte
Der Mitbewohner in deinem Kopf hat es leicht, denn seine Meinung wird nie in Frage gestellt. Bedienen wir uns eines Beispiels: Du wartest auf deinen Partner, der nicht zur geplanten Zeit erscheint. In deinem Kopf brodelt es. „Wieso ruft er/sie nicht an? Wahrscheinlich bin ich ihm/ihr egal. Bestimmt will er/sie mich gar nicht mehr.“ Eine halbe Stunde später meldet sich der Partner und erklärt, einen Überraschungsabend für dich geplant zu haben, für dessen Vorbereitung etwas mehr Zeit als erwartet benötigt wurde. Nun sei aber alles unter Dach und Fach und es könne losgehen.
Sofort bist du wieder bester Laune und überglücklich. Die Stimme, die dir all diese negativen Dinge zugeflüstert hat, ist sofort vergessen.
Würdest du einem Freund, der dir Sachen wie deine innere Stimme gesagt hätte, so etwas einfach durchgehen lassen?
Würdest du ihn nicht zurechtweisen und erklären, er solle künftig mit seiner Meinung hintanhalten? Doch dem Mitbewohner im Kopf sind wir absolut loyal gegenüber.
Der Mitbewohner hat zu allem eine Meinung
Unglücklicherweise stellen wir diese Stimme in unserem Kopf nie in Frage. Wir lassen sie tagein tagaus unentwegt schwafeln und sie hat zu jedem Thema eine Ansicht. „Das ist blöd. Das ist schlecht. Das gefällt mir nicht. Das ist ungerecht“ usw. Negative Aussagen wie diese bleiben nicht nur als Worte in unserem Kopf stehen.
Sie äußern sich in körperlichen Reaktionen wie Unwohlsein, Anspannung und können bis hin zu Angststörungen und Panikattacken führen.
Grund genug diesen inneren Kommentator mal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Ich empfehle hierzu folgendes Gedankenexperiment: Stell dir deine innere Stimme als eine Person aus Fleisch und Blut vor und platziere sie einen Abend lang neben dir auf der Couch, wenn du fernsiehst. Diese Person ist dein neuer Mitbewohner und während du versuchst dich auf den Film zu konzentrieren, spricht sie unentwegt, und zwar so, als würde sie sich mit jemandem unterhalten.
„Solltest du nicht mit der Projektarbeit anfangen statt hier fernzusehen? Ich hab aber keine Lust. Du wirst aber sonst nicht fertig bis Freitag, wenn du nicht endlich anfängst. Ja, ich mag jetzt aber den Film sehen. Du bist immer so faul – kein Wunder, dass das mit der Gehaltserhöhung nicht klappt.“
Dann wechselt der Mitbewohner plötzlich das Thema. „Ich habe Hunger. Aber du hast doch erst vor einer Stunde gegessen. Ich hätte aber Lust auf etwas Süßes. Wolltest du nicht endlich ein paar Kilos abnehmen? Was macht denn schon so ein Stück Schokolade.“
Dir wird langsam unbehaglich neben dieser Person und wenn dich jemand nach deinem neuen Mitbewohner fragen würde, würdest du ihn oder sie ziemlich sicher als neurotisch, zerfahren und nicht ganz dicht bezeichnen.
Der Mitbewohner, der niemals schweigt
Es braucht nicht lange, da fällt dir auf, dass dieser Mitbewohner scheinbar nie still sein kann. Er hat zu allem eine Meinung und beurteilt unentwegt, was er sieht. Das Verhalten der anderen, das Aussehen der anderen und natürlich auch über sich selbst. Irgendwann wird es dir zuviel. Diese Person ist eindeutig verrückt und du willst sie nicht länger um dich haben. Du bittest sie, eure Wohngemeinschaft zu verlassen.
Wenn du dieses Experiment mit dir selbst durchführst, wirst du erkennen, dass du tatsächlich mit solch einem neurotischen Wesen in dir lebst. Beobachte Momente, in denen dein innerer Kommentator nicht gebraucht wird, wie zum Beispiel das Duschen oder das Einnehmen einer Mahlzeit.
Selbst während dieser kurzen Zeiten des Tages, die dem Waschen, Essen und Entspannen dienen sollen, macht die Stimme keine Anstalten zu schweigen.
Dir wird erzählt, was du noch zu tun hast, wer sich unmöglich verhalten hat, wie du dich schon wieder unterbuttern hast lassen usw. Dazu folgt selbstverständlich das Gefühl des Unwohlseins und der Anspannung. Will man das? Natürlich nicht! Aber was kann man gegen diesen Mitbewohner tun?
Erobere dein Leben zurück
Die schockierende Tatsache, die sich uns offenbart, wenn wir beginnen, den Prozess in unserem Inneren zu beobachten, ist, dass wir ein Sklave unserer Psyche zu sein scheinen. Nun werden viele dem Glauben unterliegen, dass sie nicht viel mehr als diese Psyche sind. Wer stellt sich eigentlich die Frage nach dem Wer oder Was er tatsächlich ist? Ein Körper, ein Gehirn oder ein Verstand? (Siehe auch den Blogpost: Wer bin ich wirklich? Ein Blick nach innen.)
Die spannende Tatsache, der wir gewahr werden, ist, dass wir scheinbar einen Schritt zurücktreten und all die oben beschriebenen Prozesse beobachten können.
Während wir vor kurzem wie hypnotisiert von unseren Gedanken waren und ihnen ohne Wenn und Aber Glauben schenkten, so ist es uns nun möglich, die innere Stimme zu beobachten wie ein Zeuge ein Vergehen.
Diese Tatsache weist uns auf Folgendes hin: Wenn ich das Vergehen beobachte, kann ich nicht dieses Vergehen sein. Ich bin weder der Kriminelle noch das Opfer dieser Szene, sondern ihr Beobachter.
Wenn ich also die Stimme in meinem Kopf hören und die Gedanken beobachten kann, dann kann ich weder die Stimme noch der Gedanke sein: Ich bin deren Beobachter.
Wofür ist diese Erkenntnis nun von Nutzen?
Der Beobachter ist ohne Probleme
Vom Standpunkt des Beobachters aus gibt es den Konflikt des inneren Kommentators nicht. Er kritisiert nicht, er urteilt nicht und er vergleicht nicht. Er ist lediglich der Zeuge der Szenerie und bleibt dabei völlig unbeteiligt.
Dadurch hat er eine objektive Sicht der Dinge und erkennt, dass die Probleme, die der innere Kritiker außerhalb von sich sieht, tatsächlich im Inneren zu finden sind.
Denn die innere Stimme wird stets ein neues Problem finden. Wenn wir ganz ehrlich mit uns sind: Wann hast du dich das letzte Mal so richtig frei und ungezwungen gefühlt? Ist es nicht so, dass scheinbar eine Herausforderung der nächsten folgt?
Die wichtige Erkenntnis hierbei ist, dass wir nie frei von Problemen sein werden, solange da dieser Teil von uns ist, der Probleme hat.
Wenn wir mit einer Schwierigkeit konfrontiert werden, sind wir es gewohnt, uns zu fragen, was wir dagegen tun können. Damit haben wir bereits impliziert, dass außerhalb von uns ein Problem besteht.
Die Lösung ist innerhalb von uns zu suchen
Viel sinnvoller wäre es demnach, sich zu fragen, welcher Teil von uns mit diesem äußeren Umstand ein Problem hat. Nur so können wir herausfinden, warum wir etwas als eine Herausforderung oder Schwierigkeit ansehen.
Wenn wir beispielsweise eifersüchtig sind, sollten wir nicht gleich überlegen, wie wir uns vor der Eifersucht schützen können. Wir stellen uns stattdessen die Frage, welcher Teil in uns eifersüchtig ist. Dadurch werfen wir einen Blick nach innen und sehen, dass da ein Bereich in uns ist, der ein Problem mit Eifersucht hat. Die nächste Frage wäre: Wer sieht diesen eifersüchtigen Teil in uns? Wer ist es, der das beobachten kann?
Diese Herangehensweise ist die Lösung für die meisten unserer Probleme. Denn in dem Moment, in dem wir etwas beobachten, können wir nicht das zu beobachtende Objekt sein. Diese Aufrechterhaltung der Bewusstmachung der inneren Prozesse, hilft uns dabei, sich nicht darin zu verlieren.
Auch wenn es zu Beginn unmöglich erscheint, den Mitbewohner durch reine Beobachtung loszuwerden, so wirst du im Laufe des Prozesses feststellen, dass es der erste wichtige Schritt ist.
Denn durch die Beobachtung erkennst du die Trennung zwischen euch beiden. Und durch deine Objektivität wirst du schnell feststellen, welche Teile in deinem Inneren dir gut und welche dir schlecht tun. Und was dir nicht guttut, wirst du fallen lassen. Diese Möglichkeit besitzt du – und zwar in jedem Moment.
Der schwafelnde, kritisierende Mitbewohner wird keinen Platz mehr in deinem Reich haben, das du dir endlich wieder zurückerobert hast und in dem nur mehr du regierst. Da blühen die Blumen der Kreativität, da fließen die Flüsse der Selbstliebe und ziehen die Wolken des Mitgefühls vorbei. Da lacht das Leben in Zeiten der Freude und umarmt dich in Momenten der Trauer.
„Alles ist gut, so wie es ist“, flüstert es dir ins Ohr. Und diesmal weißt du, wer da spricht – kein Mitbewohner, sondern du selbst bist es, der dich tröstet und unterstützt, dich ermutigt und fördert. Ein wahrer Freund eben.
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