Was ist das Selbstbild?
Der Begriff deutet bereits darauf hin, dass es um das Bild geht, das wir von uns selbst haben – genauer gesagt ist es die Wahrnehmung, die wir bezüglich der eigenen Fähigkeiten, Eigenschaften und unserer Rolle in der Welt haben. Diese Wahrnehmung von uns selbst kann jedoch von jener durch unser Umfeld abweichen.
- Vielleicht hält man uns für selbstvertraut und resolut, während wir in unserem Inneren mit Unsicherheiten und Selbstzweifeln kämpfen.
- Vielleicht beschreibt man uns als professionell und kompetent, während wir uns wie ein „Imposter“ fühlen.
Unser Verstand hat im Laufe der Zeit gelernt, gewisse Seiten von uns zu verbergen, und zwar nicht nur vor anderen – oftmals auch vor uns selbst. Dabei handelt es sich um jene Facetten, von denen wir in der Kindheit glaubten, sie würden uns weniger wertvoll und liebenswert machen. Wir dachten, man würde uns wegen ihnen ablehnen, und deshalb haben wir versucht, sie zu unterdrücken und mit Masken zu vertuschen.
- Man behauptet, man sei offen und tolerant, während man in seinem innersten Vorurteile jenen gegenüber empfindet, von denen man glaubt, sie hätten es einfacher.
- Man gibt sich großzügig und hilfsbereit, obgleich man innerlich Geiz empfindet und es an echtem Mitgefühl mangelt.
Solche Empfindungen werden oft als Schwächen gedeutet, weshalb wir sie weder vor uns noch anderen zugeben wollen. Wir vergraben sie in den Tiefen unseres Seins und haben vergessen, dass sie da sind – dennoch bestimmen sie Bereiche unseres Lebens.
Wie entsteht das Selbstbild?
Bereits in der frühen Kindheit werden die Grundlagen für unser Selbstbild gelegt. Die Art und Weise, wie wir von unseren Eltern und Bezugspersonen wahrgenommen und behandelt werden, spielt eine entscheidende Rolle.
Später sind es die Interaktionen mit Freunden, Kollegen und der Gemeinschaft, und kulturelle Werte, Normen und Erwartungen die darauf einwirken.
Nicht zu vergessen sind die Medien, welche Schönheitsideale und soziale Standards präsentieren.
Vergleiche mit den idealisierten Bildern, können Selbstzweifel und ein verzerrtes Selbstbild begünstigen.
Auch die Art und Weise, wie wir mit uns selbst sprechen und unsere eigenen Gedanken interpretieren, beeinflusst das Selbstbild erheblich. Positive Selbstgespräche können das Selbstwertgefühl stärken, während negative Gedanken das Selbstbild belasten können.
All dies scheint zum natürlichen Entwicklungsprozess des modernen Menschen zu gehören, was ich deshalb anmerke, weil ich es für überaus wichtig halte, weder sich noch anderen die Schuld zu geben, wenn man mit gewissen Bereichen an sich nicht zufrieden ist.
So vieles geschieht auf einer unbewussten Ebene, und erst wenn wir mehr Zeit mit Selbstreflexion und einem Verständnis für die Funktionsweise unseres Organismus verbringen, haben wir eine Wahl und können bewusst entscheiden, was wir annehmen und was ablehnen wollen.
Das Selbstbild kann bewusst reflektiert und aktiv gestaltet werden, aber es wird auch durch tiefere, unbewusste Prozesse beeinflusst.
Selbstzweifel bremsen Fortschritt
Florian hat sich entschieden, an seiner persönlichen Weiterbildung und Selbstverbesserung zu arbeiten. Weil er den ganzen Tag arbeitet und abends »keine Lust mehr hat«, entschließt er sich, morgens eine Stunde früher aufzustehen. Sein Ziel ist es, produktiver zu werden und seine Fähigkeiten auszubauen, um beruflich erfolgreicher zu werden.
Bisher hat er stets bis zur letzten Minute gesnoozt, was sich zu einer starken Gewohnheit entwickelt hat. Das soll sich von nun an ändern und Florian ist motiviert. Doch sobald der Wecker am nächsten Morgen klingelt, fühlt er sich in keiner Weise motiviert: Er denkt »Ich bin zu müde zum Lernen. Vielleicht fange ich lieber morgen an.« Dann snoozt er und schläft wieder ein. Das Projekt »persönliche Weiterbildung und Selbstverbesserung« gibt er bald ganz auf.
Ein Blick in Florians Vergangenheit offenbart: Florian war nie ein guter Schüler, und die Kritik seiner Eltern und die mangelnde Unterstützung seine Interessen zu fördern, führten dazu, dass er sich als »nicht den Erwartungen seiner Eltern entsprechend empfand.« Der Fokus lag stets auf seinen Mängeln und schlechte Noten; positive Anstrengungen wurden nicht gewürdigt und so bekam Florian den Eindruck, dass seine Bemühungen nie ausreichend waren.
Seine Selbstzweifel kommen von Überzeugungen wie:
- »Ich bin nicht intelligent genug.«
- »Andere sind besser als ich.«
- »Egal, wie sehr ich mich anstrenge, es wird sowieso nicht reichen.«
Diese Überzeugungen beeinflussen sein Selbstbild in dem Ausmaß, dass er nun auch als Erwachsener, trotz des bewussten Wunsches etwas zu verändern, nicht in der Lage ist, »über seinen Schatten zu springen.«
So kann das Unterbewusstsein das Selbstbild beeinflussen. Vergangene Erlebnisse, traumatische Erfahrungen oder wiederkehrende Muster führen zu bestimmten Überzeugungen über uns selbst, die dann das Selbstbild prägen.
Zeit für Neuformung
Wie wir sehen, reicht die bewusste Absicht etwas zu verändern, leider nicht immer aus, um seine Ziele auch tatsächlich zu erreichen.
Ein Zitat von Maxwell Maltz besagt, dass wir nie besser sein werden, als das Selbstbild, das wir haben.
Eine echte und dauerhafte Veränderung findet erst dann statt, wenn unsere Überzeugungen und Gewohnheiten unserem neuen Selbstbild entsprechen.
Dieser Prozess braucht Zeit, wenn man bedenkt, wie lange wir unsere alten Überzeugungen und unser Selbstbild gelebt und damit in Gehirn, Nervensystem und Körper gefestigt haben.
Das ist übrigens auch der Grund, warum unser Körper so viel Widerstand leistet, wenn wir etwas grundlegend verändern wollen. Gehirn und Nervensystem suchen den Weg des geringsten Widerstands, weshalb sie dazu neigen, jene neuronalen Verbindungen zu benutzen, die bereits gefestigt sind. Dies ist Teil seiner Strategie, Energie zu sparen.
Will man diese nun schwächen, um neue Verbindungen zu stärken (Neuroplastizität), so kann dies darin resultieren, dass wir Widerstand in Form von Müdigkeit, Unlust und Frust spüren.
Innen und Außen harmonisieren
Bedenke, dass es verschiedene Ansätze gibt, das eigene Selbstbild zu ändern, und ich möchte dir heute ein bewährtes Prinzip der kognitiven Neurowissenschaften und der positiven Psychologie vorstellen: die Visualisierung.
Um dir zu zeigen, wie es funktioniert, lass uns noch ein Beispiel ansehen, das viele von uns kennen:
Beispiel Abnehmen: Stell dir vor, du entscheidest dich bewusst, Gewicht zu verlieren. Du nimmst dir vor, weniger Zucker und Alkohol zu konsumieren, mehr Sport zu treiben und du achtest auf eine gesunde Ernährung. In den ersten zwei Wochen verlierst du tatsächlich Gewicht. Doch dann meldet sich diese innere Stimme, vor allem wenn die Tage etwas stressiger sind. Sie hat keine Lust auf Sport und verlangt nach einer »ordentlichen und guten« Mahlzeit. »Nur heute«, sagt sie und du gibst nach. Leider häufen sich die »stressigen« Arbeitstage, und auch dein Partner ist zur Zeit unausgeglichen – du hast von keiner Seite Unterstützung und bald bist du wieder in deinen alten Gewohnheiten gelandet und die Kilos sind zurück.
Du hast immer noch das Selbstbild und Bewusstsein einer »übergewichtigen Person«, die bei Stress nach einer ungesunden Mahlzeit und einem Glas Alkohol greift und sich auf der Couch ausruhen möchte. Eine »fitte Person« beispielsweise würde bei Stress eine Sporteinheit bevorzugen, damit sie sich „Luft macht“ oder wieder energiegeladen fühlt.
Um langfristigen Erfolg beim Abnehmen zu erzielen, ist es deshalb entscheidend, nicht nur äußere Veränderungen vorzunehmen, sondern auch das innere Selbstbild zu transformieren. Und dafür wollen wir die Kraft der Visualisierung nutzen.
Die Kraft der Visualisierung
Stelle dir folgende Frage: Wer möchte ich sein und warum?
Und nun lasse deiner Fantasie freien lauf.
- Wie wäre es, wenn ich schlank wäre? Wie würde ich aussehen, was würde ich für Kleidung tragen, wo würde ich hingehen und das Wichtigste: wie würde ich mich dabei fühlen?
Du kannst das natürlich auf alle Lebensbereiche anwenden:
- Wie wäre es, wenn ich meinen Seelenverwandten gefunden hätte oder mehr Geld hätte?
- Was würde ich tun, wie würde mein Alltag aussehen und vor allem, was würde ich dabei empfinden?
Das Fühlen ist dabei ganz entscheidend! Denn:
UM EIN NEUES SELBSTBILD IM UNTERBEWUSSTSEIN ZU VERANKERN, MÜSSEN WIR ES MIT EMOTIONEN AUFLADEN.
Wenn du dein neues Selbstbild visualisierst, versuche positive Emotionen und Gedanken damit zu verbinden. Durch wiederholtes Visualisieren verstärkst du diese Verbindungen. Dein Unterbewusstsein beginnt, diese positiven Bilder und Emotionen zu speichern.
Der Gedanke dahinter ist, dass diese gespeicherten Informationen und Emotionen schließlich deine Wahrnehmung und dein Verhalten beeinflussen werden. Aufgrund der neuen Verbindungen und gespeicherten Erfahrungen neigt dein Unterbewusstsein dazu, Ideen, Lösungen oder intuitives Verständnis zu liefern, die mit deinem neuen Selbstbild in Einklang stehen.
Dies IST EINE METHODE, DIE STRUKTUR DEINES DENKENS ZU VERÄNDERN, UM POSITIVE VERÄNDERUNGEN IN DEINEM VERHALTEN ZU UNTERSTÜTZEN.
Visualisiere regelmäßig (am besten täglich morgens und abends) für 5-10 Minuten, indem du klare Bilder und positive Emotionen mit deinen persönlichen Zielen verbindest. Tue dies über mehrere Wochen, um den besten Nutzen daraus zu ziehen.
Die Transformation beginnt jetzt
Wenn es dein Ziel ist abzunehmen, wie könnte eine Veränderung nach regelmäßigem Visualisieren aussehen?
- Vielleicht entwickelst du plötzlich ein Interesse an Ernährung und eignest dir Wissen darüber an, welches Essen gesund ist.
- Du probierst Rezepte aus und entdeckst deine Freude am Kochen.
- Die Visualisierung von körperlicher Fitness und Aktivität kann deine Motivation erhöhen, regelmäßig Sport zu treiben. Du könntest Freude an Bewegung finden und es als Teil deines Lebensstils integrieren.
- Positive Visualisierungen könnten dein Selbstbewusstsein stärken und zu einem positiven Selbstbild führen. Du könntest dich als die Person sehen, die du sein möchtest, was dazu beitragen kann, selbstbewusstere Entscheidungen in Bezug auf deine Gesundheit zu treffen.
Du stellst fest, dass die Gewohnheiten wie eine gesunde Ernährung und regelmäßige Aktivität sich nicht mehr wie eine Pflicht anfühlen, die du zu erfüllen hast, sondern mit der Zeit zu deiner zweiten Haut werden. Du verstehst plötzlich, warum es gesunden, sportlichen Leuten leicht fällt, auf das ungesunde Essen zu verzichten.
Die Kilos purzeln, was dich zusätzlich motiviert und nach einiger Zeit kannst du dir gar nicht mehr vorstellen, zu deinem alten Selbst zurückzukehren. Du magst dieses neue Ich.
Ehe du dich versiehst, bist du die schlanke Person, die du sein wolltest, und zwar nicht nur äußerlich.
DU DENKST UND FÜHLST NUN AUCH WIE EIN GESUNDER UND SCHLANKER MENSCH. UND DAS IST DER UNTERSCHIED!
Wenn du tief in deinem inneren noch die Überzeugungen deines früheren Ich hast (z. B.: »Ich bin eben unsportlich«, »Essen beruhigt mich«, »Gesundes Essen schmeckt nach nichts«), dann wirst du im ständigen Konflikt sein mit dem, wer du sein möchtest und dem, wer du bist. Gesundes Essen und Sport werden dich unglücklich machen. Kein Wunder, dass du in alte Muster verfällst.
An dieser Stelle möchte ich auch betonen, wie wichtig es ist, seine persönlichen Werte zu kennen. Sonst eifern wir Bildern und Ideen nach, die so gar nicht unserer wahren Natur entsprechen, und es fühlt sich dann so an, als würden wir ständig gegen den Strom, anstatt mit ihm zu schwimmen.
Ich schätze die Konzepte und Ansätze aus vielen Bereichen (so auch der Neurowissenschaft und Psychologie), doch falls du meine Arbeit kennst, weißt du, dass ich immer wieder zu diesem einen Punkt komme: Finde heraus, wer du wirklich bist.
Bewusstheit und Selbsterkenntnis ebnen dir den Weg zu einem Leben im Einklang mit dir und deiner Umwelt. Viele Herausforderungen üben jäh nicht mehr eine solche Macht über uns aus, sondern werden zu einer Möglichkeit, sich selbst zu erkennen und zu erfahren.